Spuren im Freiburger Wald vom
Orkan Lothar an Weihnachten

Natur-Tagebuch von Nafoku am 26.12.1999

Fotos von Sabine Rennwald · Nafoku Natur- und Foto-Kunst

Entstehender Urwald schon nach 10 Tagen


Der Wald zwischen Freiburg-Wiehre und dem Stadtteil Günterstal ist ein Jahrhunderte alter Wald mit den wohl größten Alt-Eichenbeständen in Baden-Württemberg, aber auch mit einer Vielzahl anderer sehr schöner Bäume, wie Hainbuchen, Kiefern, Tannen, Rotbuchen u.a.

Hier sind ein paar Bilder zu sehen von den Spuren, die der Orkan Lothar am 26. Dezember 1999 im Freiburger Wald hinterlassen hat.

Betritt man einen Wald nach einem solchen Orkan, so bietet sich einem unter Umständen erst mal ein erschütternder Anblick. Bäume, die noch vor wenigen Stunden imposant und stolz in den Himmel ragten, liegen nun wüst übereinander, zerborsten, gesplittert.

Wurzelteller und Stümpfe ragen wie wehklagend in die Höhe, und man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie trauernd auf das vor ihnen liegende Ich starren. Die Natur ist noch geschockt von dem Schauspiel ungebändigter Gewalt und Kraft, kein Vogel singt und auch sonst ist kaum ein Geräusch zu hören. Der Wald trauert. Aber nach kurzer Zeit kommt schon die Erleichterung, bieten doch solche Ereignisse eine hervorragende Ausgangsposition für einen Neuanfang.

Das Holz ist Nahrung für unzählige Insektenarten. Vor allem Käfer und Holzwespen finden hier nun einen reichhaltig gedeckten Tisch. Ihnen werden viele andere Tiere folgen, die von den Pionieren profitieren. Vögel finden Nahrung, genau so wie Eidechsen, Spinnen, Amphibien und auch viele Insekten. Andere Insekten können von den Pionieren produzierte Höhlungen zur Aufzucht ihrer Brut nutzen.

Im Laufe der ersten Jahre wird sich die Rinde vom Stamm lösen und somit einer Unzahl Insekten und Spinnentieren eine Überwinterungsstelle bieten. Plötzlich können hier Arten vorkommen, die jahrelang verschollen waren oder immer nur selten gefunden werden, weil sich ihnen hier die nötigen Lebensbedingungen bieten.

Die Wurzeln in den ausgerissenen Wurzelballen werden verfaulen und kleine Höhlungen hinterlassen, die eine hervorragende Unterkunft für überwinternde Laufkäfer, Asseln und Schlupfwespen, Ohrwürmer, Tausendfüßler und Schmetterlingspuppen darstellen.

Zersplitteter Baum, der bereits abgesägt wurde

Innerhalb kürzester Zeit wird der Wald aufleben, und es wird eine regelrechte Explosion des Lebens stattfinden. Und ganz allmählich werden sich zwischen dem Totholz kleine Bäume und Sträucher in den Himmel recken und fast unbemerkt von uns auf den Leichen ihrer Eltern einen neuen Wald bilden.

In etwa 50 Jahren wird nichts mehr daran erinnern, dass genau an dieser Stelle mal ein Sturm gewütet und Tot und Verderben gebracht hat. Aber dann wird der Wald vom Artenspektrum her auch bei weitem nicht mehr so interessant sein und man kann eigentlich nur hoffen, dass ein anderer Sturm an anderer Stelle ähnliche Arbeit vollbracht hat.

Und hoffentlich hat der Mensch in seinem übertriebenen Ordnungssinn das göttliche Chaos nicht wieder in teuflische Ordnung verwandelt.



Wurzelballen, aus der Erde gehebelt vom Sturm zerrissenes Holz flachgelegte Kiefer
entstehender Urwald Schrammen an der Rinde eines Baumes Hier kann man sehen, mit welchen Urkräften der Orkan gewirkt hat.

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