Der Hirschkäfer: Lucanus cervus L. 1758

im Naturtagebuch von Nafoku am 17.06.2000

Der Hirschkäfer gehört in die Familie der Schröter (Lucanidae). Als erster hat Latreille (1807) den Namen "Lucanidae" als Begriff geprägt. Nach Schätzungen der Wissenschaftler gibt es weltweit von dieser Familie ca. 1200 Arten, allerdings nur sehr wenige davon - 11 Arten - in Europa (Klausnitzer 1995).
In Deutschland ist die nächstkleinere Art, der Balkenschröter Dorcus parallelipipedus, dem Hirschkäfer sehr ähnlich. Nicht selten wird ein Balkenschröter für ein Hirschkäferweibchen gehalten. Der Balkenschröter ist jedoch richtig schwarz und der Hirschkäfer braun.

Während die meisten einheimischen Käfer kleiner als 1 cm sind, ist der Hirschkäfer unser größter und damit beeindruckendster Käfer. Die Männchen von Lucanus cervus werden bis ca. 8 cm groß werden, wobei die Größe je nach den Lebensbedingungen der Käfer beträchtlich schwanken kann.
Weibchen werden in unseren Breiten zumeist 25 bis 40 mm groß, Männchen 30 bis 80 mm. Kopf und Nackenschild der Käfer sind schwarz, der Kopf bei großen Männchen in Lappen nach hinten ausgezogen, oft hat der Nackenschild einen gelblichen Haarsaum.

Die Flügeldecken sind dunkelbraun bis rotbraun. Die Geweihe der Männchen sind in aller Regel wie die Flügeldecken gefärbt, Beine und Unterseite sind schwarz. Die Fühler sind gekniet und an der Keule gefiedert, ebenfalls schwarz. Zwischen den Kiefern ist die gelbe Pinselzunge zu erkennen.

Hirschkäfermännchen, 17.06.2000 am Niederrhein bei Wesel Hirschkäfermännchen, 17.06.2000 im Rheinwald bei Wesel
17.06.2000 Niederrhein
Hirschkäfermännchen

Die Geweihe werden für die Paarungskämpfe benutzt. Hierbei versuchen die Männchen, sich gegenseitig mit den Kiefern zu ergreifen und auszuhebeln. Der ausgehebelte Käfer wird dann meistens vom Baum geworfen.

Die Größe des Geweihes ist von der Größe des Käfers abhängig. Je größer der Käfer, desto größer das Geweih. Wirklich überdimensioniert sehen die Geweihe ab einer Käfergröße von etwa 7 cm aus. Kleine Käfer haben nur kleinere Zangen und können dann vom Laien für Weibchen gehalten werden.

Lebensweise:  Hirschkäfer sind dämmerungsaktive Tiere, die bei Einbruch der Dunkelheit oder in der Dämmerung beginnen, um die Baumkronen ihrer Eichen herum zu fliegen. Es ist selten, dass man sie tagsüber zu Gesicht bekommt, und dann gerne an den Saftmalen von "blutenden" Bäumen, wo sie den gärenden Eichensaft auflecken.

Hirschkäferweibchen, 4,3 cm Länge, 18.06.2000 Fund in Gundelfingen Hirschkäferweibchen, gefunden in der Nähe des Gundelfinger Bahnhofs am 18.06.2000
Hirschkäferweibchen Gundelfingen 18.06.2000

Man findet die Käfer von Anfang Juni bis etwa Mitte August, wobei die Männchen meist schon etwa Mitte Juli verschwunden sind. Nach der Paarung legt das Weibchen seine Eier an tote Eichenstämme und Äste. Äußerst selten werden auch andere Laubgehölze genommen. Die Larven wurden schon in Buche, Esskastanie und Obstgehölzen gefunden. Die Größe des Käfers ist auch abhängig davon, wieviel Nahrung der Larve zur Verfügung steht.
Die Entwicklung dauert ca. 5 bis 8 Jahre, da die Cellulose des Holzes sehr nährstoffarm ist. Im Frühjahr des letzten Jahres verpuppt sich der Käfer in einer Puppenkammer im Holz oder im Boden. Bei großen Männchen ist die Puppenkammer etwa Hühnerei groß. Die Käfer schlüpfen noch im Juli. Bis der Panzer ausgehärtet ist dauert es noch mal etwa drei Wochen. Der Käfer überwintert in der Puppenkammer. Erst im Juni des folgenden Jahres verlassen die Käfer ihre Puppenkammer und dann kann man sie für wenige Wochen beobachten.

Der Hirschkäfer ist in Deutschland einer der deutlich seltenen Arten, wird aber auch oft nur deshalb nicht entdeckt, weil seine Flugzeit nur eine sehr kurze Zeit des Jahres andauert. Seitdem in den Wäldern wieder vermehrt tote Stämme und Stümpfe liegengelassen werden und alte Eichen mit Totholzanteil stehengelassen werden, gibt es wieder mehr Hirschkäfer. Wirtschaftswald ist meist zu dicht bepflanzt, als dass der Hirschkäfer hier einen geeigneten Lebensraum finden würde, da er große, lichtere Eichenwälder und solitär stehende Eichen benötigt. Nicht nur der Mensch hat den Hirschkäfer reduziert, auch im Wald hat er natürliche Feinde. Wer einmal in einen Wald geht, in dem Hirschkäfer vorkommen, wird immer wieder Köpfe und Geweihe von Hirschkäfern am Wegesrand liegend finden. Es sind die Überbleibsel der Käfer, die von Vögeln erbeutet wurden.
Weil Kopf, Nackenschild und Beine aber unbrauchbar sind, wird dem Käfer in der Regel der etwas weichere Hinterleib ausgerissen und verspeist. Zurück bleiben Kopf, Nackenschild, Beine und Flügeldecken.

Hirschkäfermännchen, 17.06.2000 am Niederrhein bei Wesel Hirschkäfermännchen, 17.06.2000 im Rheinwald bei Wesel, Niederrhein
17.06.2000 Lucanus cervus In Drohhaltung

Bei uns in Deutschland gibt es sieben verschiedene Arten aus der Familie der Hirschkäfer - Lucanidae, von denen aber der Hirschkäfer Lucanus cervus die mit Abstand größte Art ist und garantiert nur mit dem wesentlich kleineren Balkenschröter verwechselt werden kann, der wie ein kleines Hirschkäferweibchen aussieht. (Hirschkäfer ca. 30 mm bis 80 (90) mm, Balkenschröter ca. 18 mm bis 32 mm). In der Südtürkei gibt es eine Unterart (Subspecies) des Hirschkäfers, bei der die Männchen bis zu 10 cm groß werden.

Auffällig ist, dass die holzfressenden Käferarten - aber auch andere holzfressende Insekten - sehr großen Größenschwankungen ausgesetzt sind. Z.B. der Hirschkäfer: die größten Männchen werden mit bis zu 9 cm angegeben, die kleinsten werden aber seltsamerweise immer aus der Umgebung von Wien gemeldet und erreichen hier lediglich eine Größe von knapp 3 cm. Das ist eine Schwankung von 6 cm oder von oben herunter gerechnet 66,6%, von unten herauf gerechnet 200%. So extreme Schwankungen findet man bei fast allen holzfressenden Arten.

Lucanus cervus L. | Hirschkäfer, Köhler, Schröter

Wie kommt es zu dem Namen Köhler für Hirschkäfer?

Früher gab es noch den Beruf des Köhlers. Der Köhler hat große Mengen Holz aufgeschichtet, um Holzkohle zu produzieren. Wenn ein Hirschkäfermännchen in der Abenddämmerung oder Dunkelheit über ein Feuer hinweg fliegt, dann leuchten die innen hohlen Geweihzangen auf. Das Licht muss so hell gewesen sein, dass es für die Menschen früher so aussah, als würde das Männchen ein Stück glühende Kohle in seinen Zangen forttragen. Das hat dem Käfer den Namen Köhler eingebracht. Diese Erscheinung war auch der Grund dafür, weshalb in früheren Zeiten dem Hirschkäfer nachgesagt wurde Waldbrände, aber auch Brände in Häusern gelegt zu haben.

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